Unplugged | Nein |
Coverband | Nein |
Mitglieder | 1 |
Downloads |
Label / Release | Format | Jahr | |
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Hazelwood Vinyl Plastics | |||
Visible at given temperature | Album | 2012 |
Das RSO Debüt-Album "Visible at given temperature" ist der Soundtrack zum Culture Clash, genauso radikal wie verbindlich, genauso viel Mittelfinger wie Anliegen, genauso leicht wie virtuos. Ein unverschämt tanzbarer Appell an die kritische Vernunft!!!
Wild trötend galoppierte der Elefant durch den Triebwagen, verletzte einige der Journalisten und durchbrach schließlich ein Fenster, um im 10 Meter tiefer liegenden Flussbett, das an dieser Stelle nur ganze 50cm Tiefe maß, jäh aufzuschlagen. Bis dato war diese zugegeben packende Anekdote das Weltbewegendste aus dem wegen seiner mitunter steil abfallenden Straßenzüge in liebevoller Anmaßung auch "Deutsches San Francisco" getauften, aber ansonsten doch eher beschaulichen Wuppertal.
Was Fortuna im Sinn hatte, als sie das Konglomerat aus desavouierten Künstlerseelen aus dem unbefriedeten Süden Südeuropas und Wilden Westen Vorderasien ausgerechnet zwischen den chilligen Lehnen des Bergischen Landes aufeinandertreffen ließ, bleibt wie so manches Schicksalhafte, ein Planspiel chaostheoretischer Erwägungen. Sicher ist, dass es sich bei dieser Völkerzusammenführung um einen Glücksfall handelt, beschert sie doch der "Großstadt im Grünen" nach einem geschlagenen halben Jahrhundert eine weitere wild tönende Attraktion.
Im Falle des ROYAL STREET ORCHESTRA ist der Name Vollprogramm und Fräulein Fortuna hatte ein zweites Mal die feingliedrigen Finger im Spiel, als die einfallsreiche Dame die hungrigen Hazelwood-Produzenten Two Horses und Kaneoka One im Anschluss an einen Routinebesuch beim Wuppertaler Hazelwood-Interims-Vertrieb Cargo auf der Suche nach einer Salmonellen-freien Wurstbude mitten in die Aufführung des in mehr als nur einer Hinsicht eminenten Straßenorchesters trotten ließ. Der Rest ist wie immer leicht dazuzudenken und führte über Umwege, die ähnlich verschlungen sind wie die Mäandern des Flusses, der mehr ein Bach ist und in dieser Geschichte eine Hauptrolle spielt, zu dem frisch gepressten RSO-Langspieldebüt "Visible at given temperature".
Eine mahnende Sonne erhebt sich aus tausend und einer Nacht über den Gipfel des Hindukusch und legt turmhohe Schatten auf ein hysterisches Abendland, das, selbst am Rande des systemischen GAUs, aus der Geschichte keine Erkenntnis schöpft. Und obwohl, hier wie dort, von Islamophobie keine Rede sein darf, hat das RSO-Debüt „Visible at given temperature“ schon vor Veröffentlichung zu mehreren Auftrittsverboten geführt. In der Minarett-befreiten, eid-liberalen Schweiz verlangte ein Veranstalter, dass Album-Cover nicht gezeigt und die Krummsäbel aus dem RSO-Bandlogo verbannt werden. Ein recht forsches Ansinnen eines Eidgenossen, dessen Nationalheld mit der Armbrust auf Kinder zielt. Ob ein Artwork mit berittenen Musketieren und Floretts im Logo zu ähnlich radikal-pazifistischem Eifer geführt hätte, wird wohl nicht zu klären sein. Die Band lehnte dankend ab.
Ob die Aussage hinter dem Album eine politische ist? Aber ja – RSO verschmelzt traditionelle Ton-, Takt-, und Lebensarten euro-orientalischer Tonkunst mit westlich geprägter Klubmusik auf nie da gewesene Weise, ohne dabei in Klischees zu verenden und schon das ist politisch.
Obwohl Metren, Rhythmen und Kadenzen geeignet scheinen ein ungeschultes Innenohr in vertiginöse Wallung zu versetzen, bleibt die Musik unprätentiös, unangestrengt und unverschämt tanzbar. Dabei eignet jeder einzelne Track die visualisierende Kraft eines originären Soundtracks, lässt fremde Welten aus dem Nichts entstehen und vergehen, liefert formidables Kopfkino ganz ohne Zelluloid.
Natürlich liest man hier die Handschrift des Produzenten, der bereits nicht ganz artfremde Acts wie The Great Bertholinis, Broken Beats oder die Alben der notorischen Mardi Gras.bb mit ähnlichen Attributen ausgestattet hat. Da passt es ins Bild, dass MG.bb-Legende DJ Mahmut, Gentleman-DJ No.1, ohne umgedrehte Baseballkappe und Baggy Pants für die erneut genauso stilvollen wie brisanten Sound-Fragmente verantwortlich zeichnet.
Der Soundtrack zum Culture Clash, genauso radikal wie verbindlich, genauso viel Mittelfinger wie Anliegen, genauso leicht wie virtuos. Ein unverschämt tanzbarer Appell an die kritische Vernunft. Elefantenkuh Tuffy hätt's gefallen!!!